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Nachwuchsforscher ohne Perspektiven

Biowissenschaftler wandern ab

Den deutschen Universitäten fehlen die Mittel - schlechte Voraussetzungen für ein erfolgreiches Studium. Auch für eine anschließende Karriere in der Wissenschaft sind die Aussichten alles andere als rosig, denn es gibt kaum Stellen. Weil sie im Ausland oft unter besseren Bedingungen arbeiten können, wandern immer mehr junge Wissenschaftler aus.

Überfüllte Hörsäle und dicht gepackte Seminarräume: so sieht der Alltag an deutschen Unis aus. Vor allem in den ersten Semestern gleicht das Studium einer Massenveranstaltung, eine exzellente Ausbildung ist damit kaum möglich.

Was in Bildung investiert wird
     Hinzu kommen oft eine mangelhafte Ausstattung der Universitäten und veraltete Bibliotheken. Mit einer Besserung kann angesichts der leeren Kassen vorerst nicht gerechnet werden. Aber wie viel ist uns die Forschung in Deutschland überhaupt wert?

Der Löwenanteil des Bundeshaushalts geht heute in die soziale Sicherung, wie Renten und Arbeitslosengeld. Für Bildung und Wissenschaft sind dagegen nur 4,6 Prozent des Haushalts vorgesehen, obwohl es sich dabei um eine Investition in die Zukunft handelt. Auch im internationalen Vergleich sieht die Position von Deutschland nicht gut aus. Andere Länder, an der Spitze die USA, investieren gemessen an ihrem Bruttoinlandsprodukt deutlich mehr Geld in Bildung und Forschung.

Verlierer im Wettbewerb
     Zwar ist Geld nicht alles, aber zumindest eine ansprechende finanzielle Basis ist für die Universitäten überlebensnotwendig. Doch viele junge Forscher fühlen sich alleine gelassen - zum Beispiel in der Biotechnologie. Dort ist der Wettbewerb um die besten Wissenschaftler in vollem Gange, doch zu häufig wird er von deutschen Universitäten verloren.

In der Blüte ihrer wissenschaftlichen Laufbahn kehren viele Biologen der Universiät den Rücken und setzen ihre Karriere anderswo fort - auch in der Industrie. An den Hochschulen gibt es keine Stellen, der Nachwuchs hangelt sich von einem befristeten Vertrag zum nächsten. Wer nach zwölf Jahren noch nicht zum Professor berufen wurde, dem droht die Arbeitslosigkeit. Hinzu kommen extreme Abhängigkeiten von den vorgesetzten Professoren: Viele Nachwuchswissenschaftler dürfen nicht eigenständig forschen, überdies dominiert die Bürokratie. Für viele sind das weitere Gründe, dem starren System zu entfliehen.

Zuflucht im Ausland
     In anderen Ländern kann sich der Nachwuchs offenbar freier entfalten, zum Beispiel in den USA - der Zufluchtsstätte für viele herausragende deutsche Wissenschaftler. An den amerikanischen Instituten finden die Wissenschaftler ein exzellentes Umfeld vor, denn gerade die Biodisziplinen werden dort stark gefördert.

Auch Großbritannien gilt als Dorado der Biowissenschaften. In dieses Forschungsfeld fließen auf der Insel gewaltige Summen. Geld ist aber nicht immer der Grund dafür, dass führende deutsche Wissenschaftler auswandern. In England kann nämlich Forschung betrieben werden, die in Deutschland verboten ist: die Beschäftigung mit embryonalen Stammzellen, also mit den Zellen, die sich in jeden anderen Zelltyp verwandeln können und die Medizin revolutionieren sollen.

Problemfeld Stammzellenforschung
     Die Zellen bergen ethischen Sprengstoff, denn sie werden aus Embryonen gewonnen. In Deutschland darf deshalb nur an bereits existierenden Stammzelllinien geforscht werden, die vor 2002 aufgebaut wurden. Ein Kompromiss, der weder den Befürwortern noch den Gegnern behagt. Für viele scheint es, dass sich die Politik ihrer Verantwortung entzogen hat und eine widersprüchliche Gesetzgebung, ohne eindeutige Positionen, betreibt. Zudem hinken die gesetzlichen Regelungen der rasanten wissenschaftlichen Entwicklung hinterher.

Forschung braucht ein klares Umfeld und sinnvolle Freiheit. Die Wissenschaftler benötigen bessere Perspektiven und verlässliche Bedingungen, sonst verlieren wir in Deutschland den Kampf um die klügsten Köpfe. Ist das Umfeld eingeengt, geht der kreative Geist zu Grunde.